Die Hitze!

Sie ist eingetroffen und sie wird uns die nächsten Wochen begleiten (und plagen). Wo pack ich denn also meine wertvollen Schokoladentafeln hin, wenns einem selber schon unangenehm warm wird?

AI ist das neue Stockfoto, oder?

Voreilig und mit bester Fürsorgepflicht im Geiste werden viele Tafeln in den Kühlschrank verfrachtet (man würde es ihnen ja gerne gleichtun), aber da gefällt es ihnen gar nicht gut. Schokolade mag es weder Wärme noch Kälte ausgesetzt zu sein, und beansprucht konstante Lagerbedingungen bei einer präferierten Temperatur zwischen 15-20 Grad. Eine Umgebung, die davon abweicht, löst nämlich Prozesse in der Schokolade aus, die zu Qualitätsverlust führen.

Die Kakaobutter in der Schokolade schmilzt ab 34 Grad. Das ist das Schöne, wenn sie am wohlig-warmen Gaumen liegt, leider aber nicht so erfreulich, wenn die Tafel ungewollter Wärmezufuhr ausgesetzt wird. Sollte so ein Malheur passiert sein, wird die Schokolade zwar wieder fest, und kann ohne Bedenken verzehrt werden (bei dunkler Schokolade; aber vorsichtig kosten bei Milch-, Nuss- oder Fruchttafeln, die können ranzig geworden sein), jedoch sind die Kakaofettkristalle aus der temperierten Form geraten, worunter Konsistenz und Geschmack gelitten haben. 

Dass Schokolade hitzeempfindlich ist, ist gemeinhin bekannt, was hat es denn jetzt aber mit der angesprochenen Kälte auf sich? Auch hier zeigt sich die Kakaobutter von ihrer empfindlichen Seite. Wenn Schokolade zu lange im Kalten ist (Auftritt: Kühlschrank), tritt die Kakaobutter an die Oberfläche, ein grauer-matter Film überzieht sie (auch als „bloom“ oder „Reif“ bezeichnet). Die Schokolade ist ebenfalls aus ihren temperierten Fugen geraten und kann zwar verzehrt werden, aber das Mundgefühl (die Schokolade schmilzt nicht wirklich am Gaumen) und die Aromen (kaum mehr vorhanden) sind stark beeinflusst. 

Im Kühlschrank können außerdem weitere Faktoren Einfluss auf die Qualität nehmen. Schokolade ist ein Magnet für sie umgebende Aromen, und in einem so hermetisch abgeschlossenen Raum wie einem Kühlschrank kann es schnell passieren, dass der Odeur des würzigen Bergkäses oder des grasigen Korianders nebenan sich auf die benachbarte Tafel überträgt. Außerdem ist es in Kühlschränken in den meisten Fällen zu feucht, wodurch Zucker an die Tafeloberfläche tritt und dort auskristallisiert. Das führt zu einer sandigen, groben Struktur.
 

Sommerquartier meiner Tafelbibliothek

Wie also vorgehen?

Immer, immer weg aus der Sonne und weg von Wärmequellen mit der Schokolade! Wer über den Luxus eines Weinkühlschranks verfügt, hats gut (so wie ich -- meine Tafelbibliothek ist schon ins Sommerquartier übersiedelt, siehe oben)! Denn dort herrschen ideale Lagerbedingungen, wenn man die Temperaturuntergrenze von 15 Grad beachtet (am besten auf 18 Grad stellen). Auch ein trockener, kühler Keller kann zweckdienlich sein. Wenn beides nicht vorhanden ist und die Raumtemperatur über 23 Grad kommt (ab da werde ich dann einigermaßen nervös), sollte man sich überlegen in der Not auf den normalen Kühlschrank zurückzugreifen. In den oberen Fächern hat es meistens geringfügig wärmere Temperaturen (nicht in die Gemüselade!). Auf jeden Fall sollte man die Tafeln in ein luftdichtes Behältnis geben, um Geruchsübertragung zu vermeiden, und Küchenrolle dazwischen auslegen, um Kondenswasser zu absorbieren. Wer sich dann an einer Rippe bedient, möge das Stück einige Zeit vorher aus dem Kühlschrank nehmen, um es auf Raumtemperatur zu bringen, denn gekühlte Schokolade hat so gut wie keine Aromen. 

Übrigens, sollte es zu einem Hoppala gekommen sein und der Gedanke an den Verzehr der entstellten Tafel Nasenrümpfen auslöst: man vergeude die Schokolade nicht, sondern verarbeite sie weiter zu cremigem Schokoladenmousse (hier nicht ganz so deftig, hier klassisch oder hier vegan) oder raspelt sie über duftenden, saftige (saisonale!) Beeren.

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Sommerfrischezeilen

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Tafelnotiz: Cacao Junajpu Alquimia 87%